WDR 5 Philosophie spezial – Denken, das ansteckt „Erkenne dich selbst“ – wofür wir verantwortlich sind. Mit u.a. Aleida Assmann, Susanne Boshammer, Kersten Reich, Gert Scobel, Volker Sommer, Daniel Strassberg und Eva Weber-Guskar

Die berühmte Inschrift am Eingang des antiken Tempels von Delphi, der Kultstätte, an der das Orakel befragt wurde, erinnert uns bis heute an die Bedeutung von Selbstreflexion. Der Appell, sich selbst zu erkennen, ist eine liebevolle Mahnung, sich Zeit für die innere Klärung zu nehmen, bevor wir unsere Außenwelt gestalten. Lasst uns gemeinsam einen Schritt zurückgehen, um den hitzigen Debatten, den falschen Informationen, den oberflächlichen Argumenten und den gegenseitigen Schuldzuweisungen einen Tag der Reflexion entgegenzusetzen. Innehalten und tief durchatmen, um sich neu zu organisieren. Denn bevor wir uns den Problemen der Gegenwart stellen, sollten wir uns vergewissern, mit welcher Haltung wir ihnen entgegentreten. Wie stehen wir als Individuum in dieser Welt, welche Pflichten und Verantwortlichkeiten haben wir, und wie gehen wir damit um?
WDR 5 fragt mit den Hörer:innen nach der Verantwortung des Einzelnen, um gemeinsam in der Gegenwart wirken zu können. Mailen Sie an philo@wdr.de. Mod.: Anja Backhaus, Carolin Courts, Ralph Erdenberger, Elif Şenel und Jürgen Wiebicke, Redaktion: Gundi Große

Susanne Boshammer | 10-11 Uhr
"Erkenne dich selbst" – diese Inschrift am Tempel von Delphi wirkt auf den ersten Blick wie ein poetischer Sinnspruch. Doch was steckt eigentlich dahinter? Susanne Boshammer, Expertin für Moralphilosophie an der Universität Osnabrück, spürt im Gespräch mit Moderator Jürgen Wiebicke der Herkunft dieses alten Mottos nach und fragt: Wie gelingt Selbsterkenntnis heute – im Alltag, in Krisen, in moralischen Entscheidungen?

Volker Sommer | 11-12 Uhr
"Erkenne das Tier in dir": Volker Sommer ist Primatologe und emeritierter Professor für Evolutionäre Anthropologie am University College London. Er wirft einen evolutionären Blick auf die menschliche Selbstwahrnehmung. Was können wir von unseren nächsten Verwandten, den Menschenaffen, über uns selbst lernen? Können wir uns selbst erkennen, indem wir in tierische Spiegel schauen? Das diskutiert er mit Moderator Jürgen Wiebicke.

Gert Scobel | 12-13 Uhr
Wer ist das Ich, das sich erkennen will? Gert Scobel, Philosoph, Fernsehmoderator und langjähriger Zen-Praktizierender, verbindet westliche Philosophie mit östlicher Meditationserfahrung – und zeigt, dass Selbsterkenntnis mehr ist als nur Nachdenken. Was bedeutet es, sich selbst im Loslassen zu begegnen? Und wie hilft Meditation dabei, ein anderes Bewusstsein vom Selbst zu entwickeln? Antworten sucht er mit Moderatorin Anja Backhaus.

Ina Schmidt | 13-14 Uhr
Wie können wir inmitten von Krisen, Chaos und Veränderung einen klaren Kopf und ein zuversichtliches Herz behalten? Philosophin und Kulturwissenschaftlerin Ina Schmidt erklärt, wie Selbsterkenntnis nicht nur durch Nachdenken, sondern durch sinnvolles Denken entsteht – Denken, das verbindet, ermutigt und Orientierung gibt. Sie plädiert für einen neuen Zugang zur Welt, der Komplexität nicht verdrängt, sondern als Quelle der Hoffnung begreift. Wie das funktioniert, klärt sie im Gespräch mit Elif Şenel.

Kersten Reich | 14-15 Uhr
Wie lernen junge Menschen, sich selbst zu erkennen – und warum ist das zentral für unsere Gesellschaft? Kersten Reich ist Pädagoge und Kulturtheoretiker. Mit Moderatorin Carolin Courts spricht er darüber, dass Bildung mehr ist als Wissensvermittlung: Es geht um Orientierung, Teilhabe und Selbstverantwortung. In einer Zeit, in der die Demokratie unter Druck steht, steht er für eine Pädagogik, die individuelle Entwicklung und gesellschaftliches Miteinander zusammen denkt.

Eva Weber-Guskar | 15-16 Uhr
Weiß die KI mehr über mich als ich selbst? Schritte, Schlaf, Stimmung – moderne Technik misst, beobachtet und wertet aus. Doch was macht das mit unserer Fähigkeit zur Selbsterkenntnis? Eva Weber-Guskar, Professorin für Ethik und Philosophie der Emotionen in Bochum, fragt, ob wir im digitalen Spiegel noch uns selbst sehen – oder nur ein Abbild für Algorithmen. Wird unsere Intuition ersetzt durch Daten? Und was wäre ein gelungener Umgang mit emotionaler KI? Das klärt sie gemeinsam mit Moderatorin Carolin Courts.

Daniel Strassberg | 16-17 Uhr
Wer sich wirklich erkennen will, muss bereit sein, sich selbst zu begegnen – auch dort, wo es unbequem wird. Der Schweizer Daniel Strassberg ist Psychoanalytiker und Philosoph und nimmt uns mit in die Tiefenschichten des Selbst. Im Austausch mit Moderator Ralph Erdenberger macht er deutlich, warum wahre Selbsterkenntnis nicht nur mit Denken zu tun hat, sondern mit dem Aushalten von Ambivalenz, Verdrängung und Unbewusstem.

Aleida Assmann | 17-18 Uhr
Wir verstehen uns selbst nur, wenn wir auch unsere Rolle im gesellschaftlichen Miteinander begreifen, sagt Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann. Sie ist 1947 in Bielefeld-Bethel geboren und erhielt 2018 zusammen mit ihrem Mann, dem 2024 verstorbenen Ägyptologen Jan Assmann, den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. In ihren Arbeiten setzt sie sich mit dem kulturellen Gedächtnis, Erinnern und Vergessen auseinander – und aktuell mit Gemeinsinn, was Menschen verbindet und zusammenhält. Darüber diskutiert sie mit Moderator Ralph Erdenberger.